ein loft, zwei bmx und ein ganzer haufen marillenknödel. wien brennt!

3/23/2006

Chiquita Banana

Der über alle Maßen wehleidige Schönberg macht mich noch wahnsinnig. Heute morgen setzte er die Leier von gestern fort; ich habe ihn angesteckt, ihm ginge es ja sooo schlecht, nein, das Loft könne er heute nicht verlassen. Das ganze in einem zwischen Pathos und Verzweiflung schwankendem Tonfall, den er zuletzt angeschlagen hatte, als er sich angeblich mit dem Cutter das halbe Bein amputiert hatte. Andere Menschen sprächen von anritzen.Auch seine Tablettensucht macht mir langsam Sorgen. Der ganze Boden, das sind immerhin 60 m², ist bedeckt von leeren Aspirinstreifen. Wenn es denn Aspirin ist.So nahm er auch heute schon zum Frühstüch mindestens sieben dieser kleinen Tabletten; seither wirft er sich jedes mal, wenn ich einem Apfel zu nahe komme, torwartmäßig über diesen und brüllt etwas von "nicht die Wände". Aus Sorge um unseren Lärmempfindlichen Nachbarn, Herrn Strizzl, habe ich deswegen heute auf Obst verzichtet. Es kann gar kein Aspirin sein.
Das Leben hier ist allgemein sehr karg. Weil Schönberg weder Lautsprcher noch Subwoofer eingepack hat, sitzen wir auch Musikmäßig auf dem Trockenen. Auch wenn er nicht einsieht, dass das seine Schuld ist, plagt ihn doch ein schlechtes Gewissen, und er versucht unablässig durch mitgröhlen den klang der Quäkigen Laptop-Lautsprecher zu verbessern. Auch das ist ein Grund dafür, warum wir heute den Gebrauchtwarenhändler um die Ecke aufsuchten.Gleich am Eingang wehte uns dieser typische Kellermuff entgegen, und ich wollte schon auf der Schwelle umkehren, da sah ich im selben Moment Schönberger am anderen Ende des Verkaufskellers in einem mottenzernagten Lederfauteuil, begeistert das centerfold eines Playboy aus Prä-farbfotografie-Zeiten befingernd. Er muss es sich dort in einem Affenzahn gemütlich gemacht haben, und fühlte sich sichtlich zuhause. Noch während ich perplex in der Tür stand, freundete er sich mit dem russischsprechenden Ladenverwalter an, den er mit seinem Detailierten Wissen um die Kamtschatka beeindruckte. Dieser bot ihm zuerst seine Tochter, dann ein paar einwandfreie Lautsprecher, und schliesslich auch noch einen Topf an. Bis auf die Tochter genau die Dinge, wegen derer wir den Laden ursprünglich aufgesucht hatten. Zu meiner Verwunderung wurde mein Kollege plötzlich ausfällig, nannte den freundlichen Russen Menschenhändler, Halsabschneider, Wucherer und schlimmeres. Besonders den Topf hätte ich gerne gekauft, drei Euro erschienen mir durchaus angemessen. Dazu kam es allerdings nicht mehr, da der freundliche Russe sich als doch nicht ganz so freundlicher Zeitgenosse herausstellte, und uns einen grünen Toupetständer schwingend bat, sein Ladenlokal umgehend zu verlassen.
Ich sitze jetzt alleine zuhause, Schönberger ist nochmal ausgegangen. Eine Apotheke suchen, behauptet er. Vermutlich sitzt er wieder, wie bisher jeden Abend, in der Bussibar, gibt sich mit Markenchampagner die Kante und bietet Mädchen große Mengen Geld, dass sie in eines der zwei Bananenkostüme, die er immer dabei hat, schlüpfen. Geschmacklos.
Wenigstens muss ich nicht im Dunkeln sitzen, zumindest solange Schönbergs Leitungsflickwerk hält.