ein loft, zwei bmx und ein ganzer haufen marillenknödel. wien brennt!

7/02/2006

Radiokultur

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Schranzberg hat auf „Deutschlandradio Kultur“ (das er wurstfingrigerweise versehentlich statt „Proton Radio“ am Drehregler seines popeligen Weltempfängers eingestellt hatte), irgendeine Radiosendung, in der aus Abfahrtsskilegendenautobiografien gelesen wurde gehört, wo erwähnt wurde, dass man in den Anfangstagen des Skizirkus die Skier mit Schellack aus eingeschmolzenen Schallplatten zu wachsen pflegte.
Das war heute morgen.
Als ich heute Abend nach einem entbehrungsreichen Arbeitstag den Innenhof betrat, traute ich weder Augen noch Nase: Dicke Rauchschwaden umwaberten eine am Boden kauernde Gestalt, die mit beiden Händen irgendetwas in einem großen Bottich über einem qualmenden Feuer schaufelte. Wie nicht anders zu erwarten, erkannte ich im Näherkommen Schellackberg; der saß in satanischer Seelenruhe vor unserer besten gusseisernen Paellapfanne, und schmiss in schöner Regelmäßigkeit abwechselnd feinsäuberlich zerkleinerte Platten aus meiner in jahrelanger Kleinstarbeit aufgebauten Plattensammlung in, sowie deren Hüllen unter den Pott, in dem etwa acht Liter Geschmolzene Musikgeschichte teerig vor sich in blubberten.
Mit Tränen der Verzweiflung in den Augen musste ich mit ansehen, wie Bamberg von Zeit zu Zeit einen dicken Rosshaarpinsel in die zähe Plörre tunkte, um dann hingebungsvoll-träge sein schon mit einer dicken Schicht Plaste überzogenes Snowboard zu „wachsen“.
Mein geistesgestörter Kollege hatte wohl verpasst, dass Schallplatten schon seit den fünfzigern aus PVC hergestellt werden, was mit Schellack etwa so viel zu tun hat wie Albert Schweizer mit dem Gleichnamigen Taschenmesser. Just in dem Moment, als ich mit einem gezielten Tritt in seinen ignoranten Breitasch in die glodernde Lut, die sich soeben durch das Cover meiner Beatles "Help" (SMO 984008 Yellow Label Ex-Libris) fraß, zu befördern gedachte, endet meine Erinnerung an diesen Zwischenfall...

Die Nachbarn, die die Rettung alarmiert hatten, haben mir später erzählt, dass sie einen gelbrußigen Feuerball hatten aufsteigen sehen. Nur Schönberg kann mit einem Stoff, der als schwer entflammbar gilt, eine Verpuffungsreaktion herbeiführen. Bis auf ein paar Verbrennungen im pockennarbigen Gesicht hat er leider viel zu wenig abbekommen. Die Tatsache, dass er im Streckgips am anderen Ende des Krankenzimmers liegt, hat
Hobbycaster
Schönberg seiner hart erarbeiteten Hypochondritis zu verdanken. Besonders, wenn ihm eine der Schwestern die Bettpfanne halten muss, kann man durch die Gazebinden ein zufriedenes Lächeln erahnen.