ein loft, zwei bmx und ein ganzer haufen marillenknödel. wien brennt!

3/30/2006

Jay Schönberg

Schönberg hat gestern auf meinem Rechner in meinen privaten Mails herumgeschnüffelt, und bei der Gelegenheit auch ein altes Filmarchiv entdeckt. Besonders hatte es ihm der Fäkalhumor-Streifen "Jay und Silent Bob" angetan. Ich warnte ihn vor dem übelst zotigen, auf Kraftausdrücken und Randgruppenbeleidigungen basierenden Flachplot. Ein Fehler, wie sich herausstellte; nun war der werte Kollege erst richtig angefixt, und drohte damit, mein Leben durch exzessives Nacktsein seinerseits zur Hölle zu machen, wenn ich den entsprechenden Ordner nicht auf der Stelle freigäbe, damit er sich den Film runterladen könne. Von Schönbergs amöboider Gestalt war schon an anderer Stelle die Rede, also wird man mir nachsehen, dem erpresserischen Ansinnen nachgegeben zu haben. Schönberg wollte den Schmuddelstreifen natürlich sofort verkonsumieren, und da er sich zu diesem Zwecke unsere einzige Flasche Rotwein unter den Nagel gerissen hatte, blieb mir nichts anderes, als das niveaulose Schauspiel über mich ergehen zu lassen, wollte ich den einen oder anderen Tropfen abbekommen. Es blieb bei dem einen Tropfen, Schönberg schüttete das Getränk im Akkord in sich hinein, während er sich mal über mal vor Lachen ausschüttete (manchmal auch seine frabwechsel-Plastiktasse, aus der er, "stilvoll", wie er meinte, den Wein trank), wenn wieder einmal ein Kraftausdruck fiel. Strizzl klopfte derweil wieder den Putz von unserer maroden Gewölbedecke, und ich konnte dank Schönbergs lauthals und immer alkoholisierter geäussertem Amusement auch nicht schlafen. Das ging, bis morgens um fünf die Müllabfuhr, wie scheinbar jeden Tag, anfing, die Mülltonnen aus dem Hinterhof auf die Strasse zu werfen. Da hielt Schönberg die Zeit für gekommen, sich endlich schlafen zu legen. Sein infernalisches Schnarchen legte dann für den Rest der Nacht meine Nerven blank, so daß ich um Acht statt in die Uni mit Isomatte und Schlafsack zur Reichsbrücke schlurfte, um wenigestens ein paar Stunden Schlaf zu bekommen.Als ich gegen Mittag einigermassen wiederhergestellt in unser Domizil zurückkehrte, Saß da Schönberg frisch wie der junge Morgen, und telefonierte auf meine Kosten mit irgendwelchen Hotlines. Als er meine Gegenwart bemerkte, schaltete er schnell auf seinen "offiziell"-Tonfall um und tat so, als ob er mit unserem Vermieter telefonieren würde. Ich hätte es ihm fast abgenommen, hätte er nicht Sekundenbruchteile zuvor mit glasigem Blick "Sabrina" in die Sprechmuschel gehaucht. Weil auch wiedereinmal sämtliche Vorräte seinem Frühstück zum Opfer gefallen waren, mussten wir einmal mehr das IKEA-Reastarant aufsuchen. Schönberg hatte vom Vortag nichts gelernt, und stürzte einen Becher Cola nach dem anderen in sich hinein, und war am Ende wohl genau so breit wie heute Nacht vom Wein. Ich begnügte mich mit ein, zwei Gläsern gesunden Lingon-Saftes und einer absolut nichtssagenden gefüllten...Paprika? Zuccini? Zwiebel? Gurke? Dann musste ich mir noch eine neue Tasche kaufen, da Schönberg meinen Rucksack ruiniert hatte, indem er immer, wenn wir in die Stadt gingen, heimlich irgendwelche extrem Sperrigen Gegenstände hineinstopfte, was die historischen Nähte irgendwann nicht mehr aushielten. Geizkragen Schönberg weigerte sich, an der Theke für eine Eiswaffel zu bezahlen und zog sich am Softeisautomaten noch eine grosse Portion mit Karamellsauce in die hohle Hand. Ekelhaft.Den Abend verbrachten wir mit weiteren Balanceübungen auf dem BMX, bei denen selbst Grobmotoriker Schönberg langsam Fortschritte macht. Muss aufhören. Schönberg versucht gerade, das Kaninchen ins Diskettenlaufwerk zu stecken...

Krolitzen vs. Silent Bob

Krolitzen und Schönberg beide auf Schlaftentzug. Der Kollege hatte mich gestern gezwungen im Ikea große Mengen koffeinhaltiger Limonade zu trinken. Von Schlaf konnte also die ganze Nacht keine Rede sein - stattdessen drehte mir Krolitzen mit den Worten "Ein Klassiker, echt niveauvoll", einen Film an den er wohl illegal aus dem Netz gezogen hatte. "Jay und Silent Bob", zwei Unterhosenhelden und in etwa so lustig wie es ein Film mit Chewbacca und Val Kilmer auch wäre. Um es zu ertragen öffnete ich mir eine Flasche Baumarktwein, die Krolitzen damals im BauMax großzügig springen ließ. Jetzt trank er größtzügig zwei Drittel ab, der Rest reichte gerade mir den Film einigermaßen schön zu trinken und die wichtigsten Grundzüge der Geschichte bis zum Morgen zu vergessen. Morgen? Ich vergaß, das Kinoerlebnis dauerte eh bis in die frühen Morgenstunden in denen Krolitzen - von der regelmäßig gegen fünf Uhr rumpelnden Müllabfuhr geweckt - meist zur Höchstform aufläuft und sich gleich auf den Weg in seinen Lieblingsclub "Susi Bar" macht. Nicht ohne mich durch seine lautstarke Morgentoilette mit allen Körpergeräuschen zu drangsalieren.
Der Brummschädel von Wein und Krolitzen begleitete mich weiter durch den Tag. Wieder ließ ich mich Überreden den Nachmittag zum "Lernen und gepflegten Konversieren" im Ikea zu verbringen. Bei ca. 4,3 Litern Cola ging das Kopfweh weg und nach dem Schock fühlte ich mich schon wieder so breit als hätte ich bereits eine weitere Flasche Bauwein hinter mir. Krolitzen kaufte diesmal eine formschöne Tasche um die ganzen Verhütungsmittel die er auf dem Klo geklaut hatte zu verstecken. Ich kaufte nichts. Ging heim und fuhr eine Runde BMX. Gewaschen haben wir auch nicht. Morgen zieh ich einfach die Rolle Baupappe an, die wir noch übrighaben.

3/29/2006

Wendefahrt ins Gästeklo

Krolitzen ist am nettesten wenn er gar nicht da ist. Getreu dem Motto "wunderbar, ich mach mich rar" verließ er den Bunker schon früh morgens ins "Vienna Nights" und kehrte erst Mittags mit müden Augen zurück um weitere Stunden im nicht gemachten Bette zu verbringen. Ach, was Wunder und eh ichs vergess, zuvor brachte er sogar eine Dose Raviol - den man nicht mit Blumenkohl verwecheln sollte und die er vermutlich einem seiner Mädchen gestohlen hatte - mit Heim. Hätte er den Inhalt nicht sorgfältig angesengt, wir hätten fast ein wohlschmeckendes Menü im eigenen Hause zu uns genommen. Anläßlich der Einweihung unserer Komfortküche "Kervel Export 2000", war es aber verzeihlich und die Glaskaraffe bot uns bald ein optisch ansprechendes und gastronomisch eher neutrales Mahl.
Den Nachmittag verbrachte ich in der Uni um mir von einem höchst engagierten Bibliothekar mehrere Kilo alter Bücher anbringen zu lassen. Weil ich dadurch und durch Krolitzens Morgenabstinenz endlich einmal gut gelaunt war, ließ ich mich sogar überreden mit dem Herrn ins Ikea zu gehen um dort genehme Literatur und Erfrischungsgetränke um ein Euro (inkl. "Refills") zu verkonsumieren. Leider trank der Kollege alle "Lingonberry-Vorräte" leer, mir blieb wenigstens noch eine koffeinhaltige Wahl. D-Dann k-kaufte er mir noch vor der Nase das letzte Abendmahl weg (die Kasse schloß während ich unser Hab und Gut bewachte und er auf dem Gästeklo die geschmacklichen Qualitäten verschiedener Präservative durchprobierte). Trotz allem, mehr hatte ich nicht erwartet und als Zeichen der Nettigkeit und "es tue ihm ja soooo leid" lud er mich ins "Hot Flamingos" ein (eigentlich wollte er nur seine Bonuskarte auffüllen). Naja, ich bin kein Unmensch, also Sachen gepackt und los!

PS: Übrigens, auf der Hinfahrt hielt mich Krolitzen durch eine geschickte Ablenkung im Zug nach Kagran fest und ich durfte, eingeschlossen mit ihm ins Abteil, live eine "Wendefahrt" erleben. Vergib ihm, er weiss nicht was er tut.

Kaffee oder Softdrinks nachfüllen, so oft du willst

Den Vormittag an der Uni verbracht, auf dem Rückweg eine Dose Ravioli gekauft. Schönbergs verblüffenderweise sowieso schon passable Laune damit noch ein mal verbessert. Nachdem wir das Olfaktorische Feuerwerk mittels einer Teekanne abgebrannt (und, ja, auch ein wenig angebrannt) hatten, konnten wir die erste auf unserem Kervel Export selbst zubereitete Nahrung - warm - geniessen. Danach drei Stunden seelig geschlummert, anschliessend zu Ikea Wien Nord gefahren, um Literweise Softdrinks für einen Euro flat zu verkonsumieren. "Lingonberry" war alle, lief also auf Cola pur hinaus hinaus. Sseitdem ein bisschen hhibbelig. Verstehe mich mit Schönberg besser denn je. Im Ikea-Restaurant sogar eine Mahlzeit mit ihm geteilt, und er liess nach nur dreimaliger Ermahnung auch davon ab, den feingekauten Nahrungsbrei vor dem Schlucken noch zu gurgeln. Aus Dankbarkeit verzichtete ich auch auf eine Sarkastische Bemerkung über die Stange Kondome (Geschmacksrichtung "Lingonberry") die er von seinem zehnten Toilettengang mitbrachte.Schönberg hat vorgeschlagen, den Abend im "Hot Flamingos" ausklingen zu lassen. Er hat noch zwei Marken auf der Zehnerkarte frei, die nur bis Ende März gilt. Wegen guten Benehmens kann ich ihm das fast nicht abschlagen.

3/28/2006

Kyrillisch voИ AИfäИgerИ


Julia will uИs Иicht. Zwar gelaИg es mir, als sie uИs ИocheiИmal aИrief, dem UИhold SchöИberg das MobiltelefoИ zu eИtreißeИ, bevor er viel mehr als seiИeИ ИameИ sageИ koИИte. Die uИgebremsteИ FlatuleИzgeräusche, die er daИИ aber permaИeИt im HiИtergruИd voИ sich gab, währeИd ich mit der immer verstörter wirkeИdeИ Julia telefoИierte, tateИ ihr übriges. MaИ kaИИ es dem armeИ MädcheИ Иicht verdeИkeИ, daß sie uИs, uИd besoИders meiИeИ KollegeИ, Иicht iИ ihrer belle Étage habeИ will.
Иach dem Fiasko mit Julia blieb uИs Иoch K. Leider hatte ich es iИ diesem Fall SchöИberg überlasseИ, deИ KoИtakt herzustelleИ, was darauf hiИauslief, daß er mir vor dem JazzschuppeИ (SchöИberg hatte -zum Glück vergeblich- das"Velvet Palais" vorgeschlageИ), iИ dem wir uИs treffeИ wollteИ, gestaИd, daß die eiИzige IИformatioИ, die wir über ihИ besasseИ, sich iИ seiИem oИliИe-Иick erschöpfte, währeИd er lediglich voИ uИs wusste, daß wir eiИe schwarze uИd eiИe grüИe Jacke trageИ würdeИ. DaИke, SchöИberg. Иachdem wir uИsere Blicke vergeblich durch das verrauchte Lokal hatteИ schweifeИ lasseИ, setzteИ wir uИs aИ die Bar, wo SchöИberg sofort iИ eiИeИ aufgesetzt-proletarischeИ Habitus verfiel, uИd eiИ Bier Иach dem aИdereИ orderte, währeИd er mit sämtlicheИ BardameИ AИzüglichkeiteИ austauschte. Oder besser: er war aИzüglich, sie besteИfalls gleichgültig. Ich dagegeИ versuchte bei eiИem gepflegteИ GlässcheИ Corea, oder, wie der WieИer sagt, Cola-Rot, eiИeИ Weg zu fiИdeИ, wie maИ iИ eiИem Lokal mit dreihuИdert UИbekaИИteИ GesichterИ jemaИdeИ fiИdet, voИ dem maИ - dem KollgegeИ sei daИk - ИICHTS weiss. Die Zeit dräИgte, weИИ ich SchöИberg Иoch iИ eiИem halbwegs ИüchterИeИ ZustaИd präseИtiereИ wollte. Die retteИde EiИgebuИg kam mir bei zeiteИ, SchöИberg hatte höchsteИs drei Bier geschafft. Flugs bastelte ich eiИ Schild, im Bild zu seheИ, uИd stellte es zwischeИ mich uИd meiИeИ ИächsteИ ИachbarИ - Иicht SchöИberg, ich wollte K. Иicht sofort vergrauleИ - auf deИ TreseИ. Kaum eiИe viertel StuИde später hatteИ wir uИsereИ MaИИ gefuИdeИ, uИd Kollege SchöИberg so viel getruИkeИ, dass ich mich iИ Ruhe mit K. uИterhalteИ koИИte, der übrigeИs Kyrill heißt. BesoИders, daß er aИgab, besoИdereИ Wert auf HygieИe uИd Sauberkeit zu legeИ, liess mich frohlockeИ, wäre er doch damit der perfekte GegeИpol zu SchöИberg. Bleibt also Иoch HoffИuИg, deИ KatakombeИ zu eИtriИИeИ. Derweil hat SchöИberg seiИeИ Tag wider "auf der Piste" verbracht, wie er zu sageИ pflegt. Er ist der eiИzige MeИsch, deИ ich keИИe, der uИaufgefordert aИ die achzig Zwielichtige EtablissemeИts iИ WieИ uИd UmgebuИg sowie die ИameИ der dort beschäftigteИ MädcheИ ausweИdig herbeteИ kaИИ.

Ein Kybel voller Narren

Julia will uns nicht. Wie konnte ich nur Krolitzen ans Telefon lassen... Kaum war ich außer Hörweite hatte er ihr doch glatt die Bussibar als erste Adresse für internationale Mädchen weiterempfohlen. Dass Julia mit einem solchen Burschen lieber herzlich wenig anfangen wollte kann ich ihr kaum verdenken. Mir hatte Krolitzen ja erzählt, die Bussibar gegenüber sei längst nicht mehr aktuell, er gehe jetzt lieber ins "Velvet Palais", dort seien die Angebote vielfältiger. Danke dem Herrn, wir sind also weiterhin wohnunglos und trafen uns glücklicherweise gestern Abend mit einem Kollegen der auf den klangvollen Namen Kybel, nein Kyrill, hörte. Was heisst trafen. Da der Kollege es nicht für nötig befand, die wesentlichen Informationen vor dem Verlassen der Wohnung zu sammeln hatten wir weder Kybels Aussehen noch andere Merkmale, die eine Kontaktaufnahme erleichtert hätten, parat. Lieber schwärmte er von "Veronika", einer Internetliebschaft die mit ihm neben einer Wohngemeinschaft so Einiges gründen wolle, und sich nur nicht zurückmelde um ihn weiter anzuheizen. Krolitzen gab also Veronika den Vorzug, Kybel war lediglich ein Grund in der besagten Heurigen einen Schoppen Korea - man verzeihe, "Cola-Rot" - einzunehmen um am nächsten Morgen mit der Kopfwehausrede länger nächtigen zu können.
Nur mir - weil ich Kybel noch schnell unsere Jackenfarben zukommen ließ - und dem Zufall war es zu verdanken, dass wir Kybel alias Kyrill doch noch trafen. Der Student, der nebenbei Waren aller Art von und nach Stuttgart chauffiert, oder so ähnlich, sucht nun eine Bleibe für uns drei. Die WG "Krolitzen, Kybel, Schönberg" wäre bestimmt ein Dauerbrenner. Wahrscheinlicher ist hingegen die WG "Kybel, Schönberg" und die Lebensgemeinschaft "Krolitzen, Veronika".
Der heutige Tag verlief dafür erstaunlich gelassen. Wegen hohem Besuchs konnte ich den Nachmittag fern vom Nörgel-Spezialisten bei ein paar Tassen "Melange" und einem Topfenstrudel verbringen, auch die "Bank Austria" weiß mich nun als Kunden. Und auch jetzt, weil er wieder am anderen Ende des Tisches eines dieser Gewaltspiele betreibt und dabei eher stumm bleibt, hat sich meine Seele geradezu losgelöst.

3/27/2006

Open-Air Glotzen

Krolitzen ratzte wieder schnarchend bis in den Nachmittag - schließlich hat er sich die Nacht zuvor mit Wiens leichten Mädchen durch die Straßen und werweißwo getrieben. Am Morgen bin ich früher aufgestanden, nutze die nur durch sein Schnarchen unterbrochene Ruhe und trank einen Becher Tee, schließlich hatte der Kollege bei der Heimkehr die restlichen Lebensmittelvorräte für sich beansprucht. Als sich der Grummelnde dann doch aus dem Bett traute nutzte ich die Gelegenheit zur Flucht. In der Wirtschaftsuni betrachtet ich ein paar Ausgaben alter Editionen um dann bei angenehmer Frühsommershitze flugs hinaus auf die Donauinsel zu radeln. Doch, kaum biege ich den kleinen Weg von der Brücke auf die Wiese hinunter ab, sehe ich schon Maschbauer Krolitzen dort liegen, wie er mit widerlich sabbernden Leftzen einem Teenipärchen bei nachmittäglichem Open-Air-Liebesspiel hinterherglotzt. Mir erzählte er dann er habe nur gerade den "Falter gelesen und das laue Lüftlein genossen." Als er dann noch ein paar Jugendliche dazu animierte einen alten Einkaufswagen in den Donaufluten zu versenken platzte mir der Kragen und ich zog wieder ab. Und, darum wette ich, hätte er nicht geahnt und gerochen das es Toast-Hawaii zum Abendbrot gäbe, er würde immer noch an ihren Rockzipfeln hängen. Jetzt frisst er dafür Weißbrot und Ananas weg. Ein schöner Tag. Vor lauter Frustration hätte ich mir beim Dosenöffnen beinahe ins Bein geschnitten.

Sonne aus dem Arsch und auf die Donauinsl

Wieder mal kein Frühstück. Nagut, einen Streifen Zuckerfreien Kaugummi hat der gefrässige Schönberg noch übriggelassen. Ich habe mich schon gewundert, wie flink er heute Morgen auf den sonst bis mittags eher arthritisch verkrümmten Beinchen war. Den Plan hat er wohl schon gestern ausgeheckt, kam er doch schon vor Mitternacht von seinem allnächtlichen Streifzug durch das umgebende Rotlichtmillieu zurück. Wenigstens musste ich nur meinen leeren Magen und nicht dazu noch ihn ertragen, er war nach vollbrachter Tat ausgegangen, wer weiß, wohin. Zum ersten mal seit Tagen scheint die Sonne wieder. Deswegen Sachen gepackt und ab auf die Donauinsel. Wer sitzt da auf einem Poller, bewirft die vorbeifahrenden Lastkähne mit Steinen, und applaudiert Jugendlichen Herumtreibern, die hingebungsvoll Einkaufswagen vom Kai stossen? ER. Da Schönberg den neuen Falter mitgenommen hatte, musste ich mich zu ihm gesellen. Zum Glück kenne ich hier noch keinen. Den Falter überlässt er mir auch bereitwillig, mein Kollege schaut lieber einem knapp nicht mehr minderjährigen Pärchen beim heavy petting zu. Abgesehen von neuerlichen Selbstvertümmelungsversuchen Schönbergs beim Öffnen einer Dose Ananas mit einem Küchenmesser ein erfrischend ereignisloser Tag.

Osteuropatag

Schönbergs Chronometer ging ja schon immer falsch. Etwa sieben Minuten. Seiner beständigen Weigerung, dies zu korrigieren ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Heute jedoch hat er den Vogel abgeschossen. Nachdem ich extra gestern abend die Uhr auf Sommerzeit umgestellt hatte (die überschüssigen sieben Minuten korrigierte ich in einer sentimentalen Anwandlung Schönberg zuliebe nicht), muss sich mein werter Kollege, in einem Anfall eigenbrödlerischer Besitztümelei, des nächtens noch einmal daran zu schaffen gamacht haben, um alle Änderungen rückgängig zu machen. Dies und seine vollkommen hilflosen Versuche, sich und uns mittels Kompass und Stadtplan zu orientiern führten dazu, daß wir noch vor der Besichtigung der ersten Wohung unseren Zeitplan für heute vergessen konnten. Nur meinem beherzten Eingreifen ist es zu verdanken, daß wir dennoch Gelegenheit hatten, drei Wohnungen in Augenschein zu nehmen. Die Erste, bei der uns eine nette Osteuropäerin die Türe öffnete, erwies sich, aus Sicht eines jeden normalen Menschen, sofort als Fehlgriff; Schönberg jedoch, der sich zuhause bevorzugt mit Bob-Rossesquen Gemälden aus Import-Export-Shops umgibt, und auch sonst einen faible für Ikonenmalerei und Kirchenkitsch hat, schien begeistert. Er bearbeitete die ältere Dame so lange, bis sie sich schweren Herzens bereit erklärte, uns ihre in allen erdenklichen Braunschattierungen gehaltene Küche für 1500€ zu überlassen. Während mein Kollege es sich im Geiste und leider auch tatsächlich in der Altdeutschen Stube gemütlich machte, sass ich wie auf heissen Kohlen. Nicht nur war mir sein Auftreten äusserst peinlich -dass er nicht bat, zum Mittagessen eingeladen zu werden, war auch schon alles- sondern auch die Wohnung mitsamt der Küche zuwider, was ich aus Taktgefühl vor der Dame des Hauses zu verbergen suchte. Zum Glück hatten wir noch weitere Termine, sonst säßen wir wohl noch immer dort zwischen Eichenachbildung und Nussholzlaminat.Die wohnung der Tieze war eigentlich recht annehmbar. Darum kümmerte sich Schönberg aber wenig, ihn interessierte allein Frau Tieze, die immerhin schon 87 und vermutlich niveauvollere Gesellschaft als seine gewohnt war. Ständig versuchte er Körperkontakt herzustellen, gerne unter dem Vorwand, die alte Dame stützen zu wollen. Mir wurde das ganze dann doch zu peinlich, und ich versprach ihm, daß er sich heute im "Peep69" die ganze nacht auf meine Kosten vergnügen könne, wenn er nur endlich aufhörte, die nette Frau Tieze zu belästigen. Das immerhin wirkte, und ich konnte ihn kaum davon überzeugen, auch noch einen Blick in die letzte Wohnung auf unserer Liste zu werfen. Es fiel ihm sichtlich schwer, die bereits hervorgekramten Bananenkostüme wieder in seinem Rucksack zu verstauen.Aber die Wohnung liess selbst ihn seine niederen Triebe für einen Moment vergessen: Eine Palaisartige belle Étage mit Sternparkett und vier meter hohen Stuckdecken, von denen Kronleuchter glitzerten.Unseren finnziellen Rahmen überschreitet die Luxus-WG um Längen, aber wir stehen in vielversprechenden Verhandlung mit J. , die wohl nicht ganz abgeneigt ist, sich einen Teil der Miete in Naturalien auszahlen zu lassen. Das müsste wegen Schönbergs missratener Physiognomie, und hier ist leider sein ganzer Konstitutionstyp betroffen, wohl ich übernehmen. Aber: einen Tod muss man sterben, und wenn ich die wahl habe zwischen J. und gemeinsamen verschimmeln mit meinem Kollegen im "Atelier mit Zukunft"(Schönberg), fällt mir die Entscheidung leicht. Gerade zum Abschluss des Tages noch kurz mit dem BMX über den Prater gerollt. Wüsst ich ihn nicht im "Peep69", hätte ich schwören können, den wahnsinnigen Schönberg allein und entrückt lachend im Autoscooter an die Banden krachen gesehen zu haben. Ich sollte wohl mehr schlafen.

3/26/2006

Licht am Ende des Schimmels

Verpennt. Ganz klar, Sommerzeit und Krolitzen merkt gar nichts. Nicht nur haben wir so spielend eine Wohnungsbesichtigung verbrödelt, nachdem der Genosse auch noch den Weg in die falsche Gasse wies sondern auch den ganzen Tagesplan durcheinander gebracht. Fettnäpfchen eins: Die Wohnung mit dem Flair eines türkischen Jesusreliefs fand Krolitzen "ganz wunderbar" und "wie aus dem Ei gepellt" - nur mein dezenter Hinweis, dass wir die Pressholz-Kitchenette nicht kaufen wollen hielt ihn davon ab den Mietvertrag gleich zu unterzeichnen. Weiter zu Frau Tietze - der aufmerksame Leser kennt die nette, zuvorkommende Dame noch vom Vortag. Zugegeben, Krolitzen hat es irgendwie geschafft sich nicht schon telefonisch alle Chancen durch seine kumpelhafte Art zu vergeigen und so konnten wir erneut ein Kellergewölbe bei der alten Dame mit Hang zu morbiden Geschichten besichtigen - selbstverständlich bot ich mich der hilflosen Frau selbstlos als Stütze an, sorgend und bemüht wie ich nunmal bin! Aber die Wohnung, das war mir dann doch zuviel - nochmal in einen Miefkeller mit Funghi-Biotop? Ich legte die Meßlatte lieber etwas höher. "Julia", die dringend für ein paar Monate Mitbewohner suchte zeigte reges Interesse und Krolitzen hatte den Zwiebel-Falafel schon soweit verdaut dass der stechende Geruch glücklicherweise hinter seinem Kragen versteckt blieb. So wie es aussieht will Julia uns haben, wenn wir auch etwas über unsere Verhältnisse dort leben würden - nach zwei Monaten (wir könnten erst ab 20.4 rein) "experimentellem Kellerloft mit ein paar Renovierungsarbeiten" (Krolitzen) hau ich die Kohle gerne auf den Putz!

Weil Krolitzen so ruhig geblieben ist habe ich ihn heute Abend ins "Peepshow 69" gehen lassen, damit er seinen Spaß und ich meine Ruhe habe. In der Zwischenzeit konnte ich mit Julia verhandeln und sogar die Miete drücken. Ich träume schon von einer Wohnung mit Dusche, Kühlschrank und Luftfeuchtigkeit unter 89 Prozent. Gerade habe ich noch eine Runde mit dem BMX über den Prater gedreht. Wien, ich bin dein Apfel, du der Stamm.

3/25/2006

Tietze, Tietze. Schüttel dein Haupthaar für mich...

Ahh dieser frische Duft. Weil der Herr Kollege gerne den ganzen Morgen das Küchenbad blockiert und ich den Rest des Tages auf Wohnungsuche war konnte ich erst Abends heimlich meine Haare waschen und frisch geelen. Der von meinem Haupthaar herabsteigende Duft überdeckt nun ein wenig den den Verwesungsgeruch unseres Gewölbes. Dabei hätte ich das Besichtigen glatt sein lassen können - Krolitzen senkte unsere Zusagechancen durch ständigen Körpergeruch und Kommentare wie "is hier grad einer gschtorm oder miefts hier immer so?" auf nahe Null. Bleibt noch die Aussicht auf Frau Tietze, eine gut situierte ältere Dame die uns morgen eine Wohnung anbieten will. Mit meinen frisch gewaschenen Haaren kein Ding, auch gut gekleidet könnten wir antreten - doch hat der Herr wieder nur seine 12 Jahre alten "Lieblingspullunder" dabei, weshalb es schon reichen muss, dass er sich wieder einmal den halben Morgen im Badezimmer aufhält.
Krolitzen hat übrigens eine neue Kneipe für seine nächtlichen Aufenthalte. Jetzt lässt er sich gerne im "Love Secrects" "begleiten" und "Gesellschaft leisten". Und dann kommt er wieder und behauptet er hätte kein Geld für die Miete. Gefunden hat er es gestern, der 24h-Waschsalon ist nämlich in der Nähe der Videokabinen. Ich wollte erst alleine los, bis Krolitzen einfiel er habe "da noch ein paar Schlüpfer" zum Mitwaschen. Das Ende von Lied: Wir versackten drei Stunden neben mehreren Obdachlosen, die den Salon zum Übernachten und diskutieren Nutzen, bei den Waschmaschinen, weil Krolitzen glaubte er müsse gleich fünf Euro für den Trockner einwerfen (= ca. 120 Minuten) bevor die Wäsche "schranktrocken" werden könne. Ich las in dieser Zeit ein Buch oder sprach mit den Bewohnern - da hatte ich wenigstens ein paar Minuten Privatssphäre.

Durch die Gassen von Wien

Heute Wohnungen besichtigt. Schönberg hat wie immer Wind davon bekommen. Ließ sich nicht vermeiden, ihn mitzunehmen, was sich allerdings als fatal herausstellte. Schon beim betreten der jeweiligen Wohnung fing er an, hinter dem Rücken des Vermieters Grimassen zu schneiden, und begann mit verstellter Stimme was von „Rattenloch“, „Substandard“ und „Wohnklo“ zu faseln. Spätestens als er dann beim besichtigen des Sanitärbereiches in unartikulierte Würgegeräusche ausbrach hatte sich die Wohnungsbesichtigung für uns dann erledigt.
Meine letzte Hoffnung ist Frau Tietze, eine nette, ältere Dame, mit der wir für morgen einen Besichtigungstermin ausgemacht haben. Schönberg hat mir versprochen, sich gesittet zu benehmen. Ich spiele mit dem Gedanken, im „Love Secrets“ um die Ecke noch einen Knebel für den Notfall zu erstehen.
Wenigstens hat er sich heute endlich dazu durchgerungen, seine Haare zu waschen. Bisher hat er auf meine freundlichen Hinweise dahingehend nur barsch geantwortet, dass er schließlich teures Haargel appliziert hätte. Wenn er morgen bei der Tietze dann noch den Mund hält, könnten wir tatsächlich einen halbwegs guten Eindruck hinterlassen.

3/24/2006

Frischer Morgen

Heute wurden wir das erste mal pünktlich vom Mobiltelefon geweckt. Sonst hat der entschiedene Nachtmensch Schönberg es bevorzugt, die entsprchenende Weckfunktion mit seinen Champangnertriefenden Wurstfingern, mit denen er allerdings erstaunlich flink an technischen Apparaten herummanipuliert, auszupatschen, sobald er gegen vier Uhr morgens aus der Bussibar heimkehrte. Heute morgen muss er es im Suff versäumt haben. Vielleicht wäre es tatsächlich besser gewesen, hätte er ausgeschlafen. So hob sein scheinbar nie versiegendes Gejammer von neuem an, diesmal war es der Kopf, der ihn plagte. Selber schuld, dachte ich mir, und flüchtete vor seinem Selbstmitleid an meinen Rechner. Dieser leidend-vorwurfsvolle Blick, mit dem er mich von Zeit zu Zeit bedachte, verdarb mir allerdings schnell den Spass an den harmlosen Spielchen, mit denen ich mich zu zerstreuen suchte.Eine ereignislose Vorlesung an der TU bot ein wenig Entspannung. Gestärkt versuchte ich, den Kollegen davon zu überzeugen, das es unserer Gesundheit nur zuträglich sein könnte, das dauerfeuchte Kellergewölbe gegen eine halbwegs zivilisierte Wohnung zu tauschen. Aber selbst die Aussicht auf Warmwasser und ein echtes Badezimmer konnte ihn nicht wirklich überzeugen, und die Wohnungsanzeigen, die ich ihm in bester Absicht unterbreitete schaute er erst gar nicht an, der alte Sozialphobiker. Ich hab ihn dann Einkaufen geschickt, und hinterrücks ein paar Besichtigungstermine für morgen ausgemacht. Wenn er hier verschimmeln will, bitte. Aber ohne mich.

Grausame Residenz

Um elf Uhr klingelte das Mobiltelefon - heute das erste Mal, denn die letzten Nächte pflegte es wegen des schlechten Empfangs immer abzuschalten und die Weckung zu versäumen. Elf Uhr. Mein Schädel brummte von der letzten Nacht in der ich verzweifelt versuchte die vom Kollegen verursachten Schäden am Blog zu reparieren. Er, der gegen halb drei Nachts heimkehrte, ich nehme an aus der Bussibar, hatte nicht besseres zu tun als bis ins Morgengrauen ein grausames Elektronikspiel zu betreiben - das ständige klickern seiner altersschwachen Tastatur raubte mir den letzten Nerv und meine blutunterlaufenen Augen brennen noch immer von den Schimmelsporen unserer Residenz "al Katakomba", die jetzt schon die frische Farbe von der Wand heben und dem ganzen einen flauschigen Charakter geben.
Den Tag über versuchte ich Krolitzen zu überzeugen unser Domizil gegen ein ebenerdiges mit wenigstens ein paar Mindeststandards zu tauschen. Seitdem bringt er im Fünfzehnminutentakt irgendwelche Kettenraucherannoncen die noch Mitbewohner suchen und auch sonst offen für Experimente seien. Als dann schon wieder das Klickern begann war es sowieso für heute vorbei. Ich packte meine Sachen, kopierte aus Frust ein Buch im Copyshop und lud meine Diskontkarte für das Mobiltelefon auf um selbst auf Wohnungspirsch zu gehen. Morgen haben wir zwei Termine, ich werde versuchen es vor dem Kollegen zu vertuschen, er kann dann ja sehen ob er umzieht oder weiterhin sich die Finger schimmlig zocken.

Oh du mein Österreich

Krolitzen nörgelt wieder. Kaum war er vermutlich aus der Bussibar zurück musste ich zuerst meine Musik leiser stellen, als er nicht aufhörte setzte ich mir die Kopfhörer auf - nicht nur um weiter dem Genuß zu fröhnen als vielmehr sein krächzendes Motzen auszublenden. Wahrscheinlich hat er in der Bar wieder seine ganzen Monatseinkünfte verprasst. Es war so schön, ich habe mich ein wenig auf die lokale Musikkulör eingestellt, Fendrich, Danzer, Ambros gespielt was ich zuvor noch auf meiner Festplatte gefunden hatte. Oh du mein Österreich, Berge und Täler, klares Wasser wie Kindertränen. Und ich sitze mit dem nörgelnden Krolitzen in der muffigen Kellerstiege und muss darum betteln auch mit meinem Computer ins Internet zu dürfen. Vorhin ging er zum alten Strizzl und fragte doch tatsächlich ob er sich die letzten Stunden - die Krolitzen in der Bussibar verbrachte - belästigt gefühlt habe, er könne den Lärm ja gar nicht aushalten. Egal, seit Fendrich fühle ich mich besser, konnte mal ne Stunde abschalten und auch meiner Gesundheits hats wohl gut getan.

Fendrich, Ambros, Danzer und Schönberg

Jetzt tut er es schon wieder. Am anfang war es ja nur der Fendrich, der sein "Äi äm from Aastria" durch die Lautsprecher plärrte. Dann kam mein werter Kollege auf die Idee, dass es da mal so einen famosen Fernsehauftritt gab, bei dem die drei grande monsieurs des Austropop vereint auf der Bühne standen und sich zu ihrer Heimat bekannten. Flugs lud der ja technisch nicht unbegabte Schönberg die entsprechende Version von "I am from Austria" aus dem Netz, dann waren es schon die drei, die in unserm loft von Gletschern, ihrer österreichischen "Sööl" und Äpfeln, die nicht weit vom Stamm fallen, krakeelten. Nachdem Schönberg sich das ein paar mal begeistert rauf- und runter angetan, fing er an, mitzusingen, erst leise, dann immer lauter. Inzwischen hört man die Drei Sängerknaben kaum noch, und was Herr Strizzl mit seinem Besen veranstaltet, lässt den Putz von der maroden Decke rieseln. Das alles stört den frenetisch gröhlenden Schönberg nicht in seinem Tun, und mir bleibt als einzige Hoffnung seine angeschlagene Gesundheit, die seinen Stimmbändern hoffentlich möglichst bald den Gar ausmacht. Wenn ich ihn auf meine blutenden Ohren hinweise, singt er nur kurz statt "I äm fromm Ostria" "geh doch zur Bussi-Bar". Wundert mich eigentlilch, dass er selbst nicht mehr dort ist. Vermutlich haben sie ihn rausgeschmissen.

3/23/2006

Chiquita Banana

Der über alle Maßen wehleidige Schönberg macht mich noch wahnsinnig. Heute morgen setzte er die Leier von gestern fort; ich habe ihn angesteckt, ihm ginge es ja sooo schlecht, nein, das Loft könne er heute nicht verlassen. Das ganze in einem zwischen Pathos und Verzweiflung schwankendem Tonfall, den er zuletzt angeschlagen hatte, als er sich angeblich mit dem Cutter das halbe Bein amputiert hatte. Andere Menschen sprächen von anritzen.Auch seine Tablettensucht macht mir langsam Sorgen. Der ganze Boden, das sind immerhin 60 m², ist bedeckt von leeren Aspirinstreifen. Wenn es denn Aspirin ist.So nahm er auch heute schon zum Frühstüch mindestens sieben dieser kleinen Tabletten; seither wirft er sich jedes mal, wenn ich einem Apfel zu nahe komme, torwartmäßig über diesen und brüllt etwas von "nicht die Wände". Aus Sorge um unseren Lärmempfindlichen Nachbarn, Herrn Strizzl, habe ich deswegen heute auf Obst verzichtet. Es kann gar kein Aspirin sein.
Das Leben hier ist allgemein sehr karg. Weil Schönberg weder Lautsprcher noch Subwoofer eingepack hat, sitzen wir auch Musikmäßig auf dem Trockenen. Auch wenn er nicht einsieht, dass das seine Schuld ist, plagt ihn doch ein schlechtes Gewissen, und er versucht unablässig durch mitgröhlen den klang der Quäkigen Laptop-Lautsprecher zu verbessern. Auch das ist ein Grund dafür, warum wir heute den Gebrauchtwarenhändler um die Ecke aufsuchten.Gleich am Eingang wehte uns dieser typische Kellermuff entgegen, und ich wollte schon auf der Schwelle umkehren, da sah ich im selben Moment Schönberger am anderen Ende des Verkaufskellers in einem mottenzernagten Lederfauteuil, begeistert das centerfold eines Playboy aus Prä-farbfotografie-Zeiten befingernd. Er muss es sich dort in einem Affenzahn gemütlich gemacht haben, und fühlte sich sichtlich zuhause. Noch während ich perplex in der Tür stand, freundete er sich mit dem russischsprechenden Ladenverwalter an, den er mit seinem Detailierten Wissen um die Kamtschatka beeindruckte. Dieser bot ihm zuerst seine Tochter, dann ein paar einwandfreie Lautsprecher, und schliesslich auch noch einen Topf an. Bis auf die Tochter genau die Dinge, wegen derer wir den Laden ursprünglich aufgesucht hatten. Zu meiner Verwunderung wurde mein Kollege plötzlich ausfällig, nannte den freundlichen Russen Menschenhändler, Halsabschneider, Wucherer und schlimmeres. Besonders den Topf hätte ich gerne gekauft, drei Euro erschienen mir durchaus angemessen. Dazu kam es allerdings nicht mehr, da der freundliche Russe sich als doch nicht ganz so freundlicher Zeitgenosse herausstellte, und uns einen grünen Toupetständer schwingend bat, sein Ladenlokal umgehend zu verlassen.
Ich sitze jetzt alleine zuhause, Schönberger ist nochmal ausgegangen. Eine Apotheke suchen, behauptet er. Vermutlich sitzt er wieder, wie bisher jeden Abend, in der Bussibar, gibt sich mit Markenchampagner die Kante und bietet Mädchen große Mengen Geld, dass sie in eines der zwei Bananenkostüme, die er immer dabei hat, schlüpfen. Geschmacklos.
Wenigstens muss ich nicht im Dunkeln sitzen, zumindest solange Schönbergs Leitungsflickwerk hält.

Wider die Kasserolle

Maschbauer Krolitzen ist heute wieder extrem rotzig. Nicht nur hat er mich mit seiner triefenden Nase angesteckt dass ich mich vor lauter Eckel nicht mehr vor den Spiegel traue, sondern will auch die frischgestrichenen Wände mit Clever-Äpfeln aus dem Billa bewerfen. Das Gefühl in diesem "Keller-Loft" titulierten Atelier ist daher mäßig, Temperaturen unter 16 Grad und diese bräsige Musik aus dem Laptoplautsprecher, weil Krolitzen wieder die Stecker für die dicken Boxen vergessen hat, machen mir Kopfweh. Neun mal darf ich das noch bekommen. Dann ist die Tablettenschachtel leer und in Österreich komme ich ohne Lizenz nicht mehr an das Zeug.
Mittags gingen wir ins benachbarte Altwarenhandelshaus. Dort war es so muffig wie in unserer Ateliere, Krolitzen fühlte sich gleich "wie daheim", so sagte er. Ich dachte derweil an die Aspirin und stellte mir vor wie mir zwei als Chiquita-Bananen verkleidete Wienerinnen den Alltagsdreck vom Leib schrubben. Für den gestern erworbenen "Komplettküche" im Kofferformat brauchte es noch Töpfe und Pfannen. Wir fanden eine kleine Kasserolle die der Verwalter des Ladens, ein Russe der angeblich gerne Pentium 365 Rechner verkaufe, für drei Euro loswerden wollte. Leichtbauweise, gut in Schuss, genug für ein zünftiges Chilli. Ok, zwei Euro wären besser gewesen, aber als er für die zugehörigen Lautsprecher derer 30 kassieren wollte blieb Krolitzen die Luft weg, wortlos mussten wir das Geschäft ohne Einkäufe wieder verlassen. Angeblich hätte die fast neue Kasserolle keinen Deckel gehabt, dabei hätten wir ihn bestimmt nie benutzt. Zum Abendessen gab es also wieder trocken Brot mit schlumpfförmigen Peperoni, diesmal ohne Schinken und Käse - das hatten wir uns schon in der Woche zuvor wieder abgewöhnt.
Ein schöner Tag, dank einer Erkältung die die Sinne vernebelt. Morgens, als der Kollege sich angeblich wieder in der Universität aufhielt (eigentlich versackt er gern in der Bussibar - ich habe es herausgefunden als ich neulich dort eine Flasche Champagner, Marke "Besserat de Bellefon" aus Épernay, kaufen wollte) konnte ich ein paar Seiten meiner Hausarbeit schreiben und einen kleinen Halogenscheinwerfer anbauen. Juhu, wir haben auch Licht - zumindest bis uns die Stadtwerke den Strom abstellen.

3/15/2006

Über Arriviertheit

Seine Anfahrt nach Wien kann verlängern wer statt über Passau über Salzburg fährt. Das ist allerdings recht unbedeutend, nimmt man einmal die abenteuerlichen Fahrten durch die Strassen dieser Stadt voraus. Ohne krolitzen als kartenkundigen Beifahrer wären wir nie auch nur in die Nähe unserer provisorischen Bleibe gegenüber der Bussibar - die Damen dort trinken gerne Veuve Cliquot haben wir uns sagen lassen - gekommen.

Ankunft gegen halb zwei (01:30 am). Da bleibt genügend Zeit einmal um den Block zu ziehen. In der Seitenstraße verkaufen Händler zehn Kilosäcke "Instant Fufu", Reis und allerlei nach Fisch Riechendes. Wir biegen um die Ecke zu Mexikoplatz - dort, so erfahren wir später, kann der finanzstarke Student alles erwerben was außerhalb normalbürgerlichen Konsumbedarfs liegt. Wir überlegen nur kurz ob wir uns mit den nötigen Waffen für einen kleinen Guerillakrieg eindecken sollen. Faszinierender sind allerdings die leerstehenden Geschäfte überall. Scheinbar haben nur Bussibars hier eine Chance, und selbst die kämpfen um Marktanteile:
"Schon ab 25,- Eur"
der Champanger ist allerdings nicht dabei.